Challenge: Einmal durchs Regal

Samstag, 29. März 2014

Buchkritik: Die Wanderhure

"Marie schlüpfte schuldbewusst in die Küche zurück und versuchte, unauffällig wieder an ihre Arbeit zu gehen."


Die Wanderhure
Iny Lorentz
Original: Deutsch
607 Seiten


"Ein historischer Roman um eine junge Frau, die um ihr Leben kämpfen muss - so bunt, so aufregend und so prall wie das Mittelalter selbst!

Marie ist eine brave Bürgerstochter aus Konstanz. Als ein junger Graf um sie freit, ist ihr Vater überglücklich. Doch eine böse Intrige zerstört alle Hoffnung und Maries Zukunft. Um zu überleben, muss sie ihren Körper verkaufen. Aber Marie gibt nicht auf..."

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Die ganze Story dreht sich um Marie, deren Leben zerbricht, nachdem sie das Opfer einer Intrige wird. Sie wird verleumdet, vergewaltigt, der Hurerei angeklagt, vom Gericht für schuldig befunden und der Stadt verwiesen. An dieser Stelle finde ich den Klappentext nicht ganz so passend, denn Marie gibt nicht "nicht auf", sondern beißt sich einfach nur fest an dem Gedanken Rache an ihren Peinigern zu üben. Und nicht nur ihre Freundin Hiltrud findet das mit der Zeit übertrieben, sondern auch ich. ;) Das Festhalten an solchen negativen Gefühlen ist so unnötig verbittert.
Was ich auch nicht verstehe ist, wieso Marie sich gegenüber Michel so zickig verhält. Wirklich.. Ich verstehe ihre Wut, (teilweise) ihr Bedürfnis nach Rache und auch das Gefühl lieber sterben zu wollen als all das ertragen zu müssen.. aber wieso sie so rumzickt verstehe ich überhaupt nicht! :(

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Kleinere Schwierigkeiten hatte ich mit dem Schreibstil. Meistens werden Marie's Gefühle beschrieben, schließlich ist sie die Protagonistin. Manchmal jedoch erhält man auch kleinere Einblicke in die Gedanken anderer Charaktere und nicht immer war (mir zumindest) der Wechsel klar.
Was mir außerdem gefehlt hat, war eine "historischere" Sprache. Ich lese gerade einen historischen Jugendroman, da finde ich die Sprache, obgleich die Sätze einfach und klar sind, um einiges passender gewählt.
Und ich habe ausführlichere Beschreibungen der Umgebung vermisst. Die meiste Zeit über schwebte ich beim Lesen in einer Art Nichts, weil ich mir keine Vorstellung von Zelten, Räumen, Häusern machen konnte.
Von diesen kleinen Mängeln abgesehen war der Lesefluss durch meist eher kurze Sätze ganz gut.

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Fazit:
Meine liebste Stelle ist die, als Marie und Hiltrud im Schwarzwald sind. Ich konnte mir richtig vorstellen wie um sie herum alles tiefgrün, nasskühl und moosig ist - wirklich schön. Und vollkommen ohne andere Menschen.. denn ich bin niemand, der Storys vollgepackt mit Intrigen und zwischenmenschliche Beziehungen sonderlich spannend findet. Es war mir nicht unangenehm das Buch zu lesen, aber ich habe absolut kein Interesse daran zu erfahren, was jetzt noch an Drama passiert.
Es tut mir ein bisschen leid, dass meine Kritik so harsch ausfällt und ich finde es schade, dass ich nicht allzu viel Gutes sagen kann, denn das Buch war jetzt nicht gerade schlecht.. aber hat mich halt auch nicht umgehauen. :(

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Quelle
links Marie - rechts Hiltrud

Das Buch wurde auch verfilmt und ich hab mir das ganze angetan. Ja, leider muss ich sagen, dass die Verfilmung von Sat1 und ORF mich nicht überzeugt haben. Sie haben die Geschichte ziemlich geändert (zB sind Marie und Michel ein Liebespaar, weswegen sie Ruppert zurückweist, welcher sich deswegen dann an ihr rächt... usw) und auch große Teile ausgelassen. Außerdem ist die schauspielerische Leistung unberauschend. Wenn Marie mir im Buch sympathisch war, ist sie es im Film kein bisschen. Im Film besteht Marie's Gerede von Rache nur aus leeren Phrasen. Im Buch hingegen kann man den Hass, der sich in ihr aufstaut nachvollziehen. Das finde ich sehr schade, denn aus der Verfilmung hätte man mehr rausholen können.

~*~
"Das war Marie dann doch etwas zu weit vorausgegriffen. Doch als sie über diese Worte nachdachte, hatten sie einen recht angenehmen Klang."

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